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Länger arbeiten – wollen wir das?

«Wir haben heute viel die höhere Lebenserwartung, operieren aber bei den Altersgrenzen fürs Arbeiten immer noch mit den gleichen Zahlen wie vor 30, 40 Jahren», sagt economiesuisse-Präsident Christoph Mäder. Mit einer Anpassung könne dem Arbeitskräftemangel begegnet werden. Er spricht von flexiblen «Karriereendmodellen», bei denen ältere Mitarbeitende die Möglichkeit haben, Teilzeit oder in einer anderen Funktion weiterzuarbeiten, und verweist auf das Beispiel Niederlande, wo das Pensionsalter an die Lebenserwartung gebunden ist.1 Aber wollen Arbeitnehmende länger arbeiten? Und wollen Arbeitgebende Mitarbeitende über das Pensionsalter hinaus beschäftigen? Diese Fragen werden kontrovers diskutiert, auch unter den Mitarbeitenden der Stämpfli Gruppe. Wir haben nachgefragt.

Mitarbeitende von Stämpfli sagen ihre Meinung

Gabi Gasser, Leiterin Cafeteria (53) 

«Seit 2003 führe ich als Cheffe de Cuisine die Cafeteria der Stämpfli Gruppe und feiere dieses Jahr mein 20-Jahre-Jubiläum. Wie die Zeit vergeht! Wenn ich die Wahl hätte, würde ich mich für die ordentliche Pensionierung entscheiden. Über das ganze Leben gesehen, arbeiten wir schliesslich mehr als genug. Das zehrt selbst bei einer gesunden Lebensweise nach einer gewissen Zeit an Körper und Geist. Ich bin der Meinung, dass wir ein Recht darauf haben, unser Leben etwas ruhiger zu gestalten und zu geniessen.

Lieber Lebenszeit als Pensionsgeld.

Mit dem Leistungsdruck sollte auch mal Schluss sein. Die Idee vom Rentenalter 70 finde ich eine Zumutung. Man weiss ja nicht, ob man dieses Alter überhaupt erreichen wird. Lieber Lebenszeit als Pensionsgeld. Ein Ehrenamt ist für mich aber denkbar, etwa in einem Altersheim oder auf einem Bauernhof. Sinnvolle Aufgaben und dankbare Abnehmerinnen und Abnehmer gibt es in Fülle. Für das ‹Leben B› habe ich viele Pläne und möchte mir bewusst ein neues Umfeld suchen.»

 

 

 

Jürg Reber, Projektleiter digitale Medien (61)

«Aktuell mache ich mir viele Gedanken darüber, wie meine zweite Lebenshälfte aussehen könnte. Ich kann mir durchaus vorstellen, ein bis zwei Jahre länger für Stämpfli tätig zu sein. Klar ist, dass dafür andere Rahmenbedingungen nötig sind, denn das Projektgeschäft ist streng: viel Verantwortung, straffe Zeitpläne, kleine Budgets, hohe Erwartungen auf Kundenseite, viele Diskussionen. Das verlangt einem viel ab. Arbeiten nach dem regulären Pensionsalter käme für mich daher nur infrage, wenn ich mir in diesen Jahren Aufgaben aussuchen könnte, die mir Spass machen, etwa Offertwesen oder Kalkulationen. Da bin ich in meinem Element. Für schwierige Kundenbeziehungen würde ich nach der Pensionierung keine Energie mehr aufwenden wollen; dies könnten neue, junge Talente übernehmen. Ein bisschen Respekt vor dem Tag der Pension habe ich dennoch: Als aktive, sportaffine Person suche ich die Abwechslung: Mal probiere ich neue Apps aus, ein anderes Mal trainiere ich für einen Marathon. Jeden Tag nur Wandern und Velofahren würden mich irgendwann langweilen (lacht).»

 

 

 

Mario Kopp, Drucktechnologe (31)

«Es kann gut sein, dass ich über das ordentliche Pensionsalter hinaus arbeiten werde. So könnte ich weiterhin die sozialen Kontakte am Arbeitsplatz pflegen, eine Tagesstruktur haben, mein Wissen weitergeben und mich auf das Freihaben freuen. Heute bin ich 31 Jahre alt, und mir geht es gesundheitlich gut. Aber ich arbeite als Drucktechnologe im Schichtbetrieb. Das kann die Gesundheit belasten – je älter man ist, desto stärker. Im Alter hat man zudem häufig mehr Mühe, mit den neuen Technologien Schritt zu halten. Deshalb müsste es möglich sein, das Pensionsalter flexibel zu handhaben, abgestützt auf die Bedürfnisse der einzelnen Person. Statt sich pensionieren zu lassen, sollte etwa ein 65-Jähriger die Alternative haben, eine Teilzeitanstellung oder eine Arbeit in einem anderen, körperlich weniger belastenden Bereich zu übernehmen.»

Schichtarbeit – in der Stämpfli Druckerei wird in drei Schichten gearbeitet. Die Mitarbeitenden wechseln im Ein-Wochen-Rhythmus zwischen der Frühschicht von 6 bis 14 Uhr, der Spätschicht von 14 bis 22 Uhr und der Nachtschicht von 22 bis 6 Uhr.

 

 

Stephan Kilian, Leiter juristische Medien (55)

«Ich hätte gerne eine viel grössere Flexibilität bei der Gestaltung des Übergangs vom Arbeitsleben in die Pension. Manche Menschen wollen früh ihr Arbeitspensum reduzieren, andere wollen und können powern bis ins hohe Alter. Im Verlag betreuen wir beispielsweise einen Autor, der 93 Jahre alt wird und noch so manch jüngeren in die Tasche steckt. Für den Arbeitgeber hat es viele Vorteile, das Know-how und das Netzwerk älterer Mitarbeitender zu halten. Ein Unternehmen lebt von und mit der Treue dieser Menschen. Neben ihrer emotionalen Seite beinhaltet die Treue zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmenden aber auch die rationale Seite der Verlässlichkeit: das Vertrauen der Führungskraft in die Mitarbeitenden oder die Sicherheit im Unternehmen, dass Löhne gezahlt und Verbindlichkeiten eingehalten werden. In einem Arbeitsverhältnis, das von einer gegenseitigen Treue geprägt ist, sollte niemand unfreiwillig das Arbeitsleben (und die Treue) beenden müssen, nur weil ein Kalenderblatt gefallen ist. Genauso sollte man nicht zur Treue und zur Arbeit gezwungen sein, bis der Kalender einen freigibt.»

 

Monica Masciadri
Senior Beraterin Kommunikationsagentur
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Moana Christoph
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