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Genussvoll essen und was der Pfeffer damit zu tun hat
Genussvolles Essen ist ein Bouquet all unserer Sinne. Auch Reize wie scharf, beissend oder prickelnd dürfen dabei nicht fehlen. Erfahren Sie, was das Schmerzempfinden damit zu tun hat und wieso Pfeffer nicht fehlen darf.
13.12.2019
Gewürzt wird nach Gefühl sowie nach Tradition und Prägung. Ziel bei der Verwendung der Zutaten ist es, das Geschmackserlebnis zu intensivieren und die Speisen interessanter zu machen. Bemerkenswert dabei ist, dass weltweit alle Würztechniken gewisse Gemeinsamkeiten aufweisen. Der Grund dafür liegt in der physiologischen Wahrnehmung, die bei allen Menschen ähnlich ist.
Genusserlebnis mit allen Sinnen
Wie genussvoll eine Speise ist, entscheidet ein komplexes Zusammenspiel all unserer Sinne. Dabei urteilen unsere Augen und Ohren sowie der Geschmack-, der Geruch- und der Tastsinn über die Geniessbarkeit.
Ein appetitlich angerichteter Teller in einem stimmungsvollen Ambiente löst eine ganze Reihe von Erwartungen und Assoziationen aus. Das Sprichwort «Man isst mit den Augen» kommt nicht von ungefähr. Steigt der Duft vom Herd oder Teller in die Nase, ordnen wir die wahrgenommenen Düfte bereits vor dem Verzehren der Speise in unser kulinarisches Gedächtnis ein. Je nach Präferenz weckt der Duft, zum Beispiel von frisch gebrühtem Kaffee oder von Apfelkuchen, unterschiedliche Erinnerungen und löst unmittelbar Gefühle aus. Mit dem ersten Bissen wird die Wahrnehmung noch vielfältiger. Geschmacks- und Tastsinn werden wichtig. Wie und wonach schmeckt die Speise, welche Konsistenzen weist sie auf? Beim genussvollen Kauen oder Auf-der-Zunge-zergehen-Lassen werden neben den Geschmackseindrücken eine Vielzahl von flüchtigen Aromen freigelegt, die gleichzeitig die Riechzellen in der Nase reizen.
Das Genusserlebnis ist eine Kombination aus den beschriebenen Eindrücken. Wird nur einer der fünf Sinne gestört, kann dies das ganze Geschmackserlebnis beeinträchtigen. Auch wenn das Essen mundet, zerstört ein Presslufthammer neben dem Tisch das Erlebnis. Umgekehrt schmeckt ein mittelmässiger Wein im perfekten Ambiente viel besser.
Geschmack, Geruch und Aroma
Mit der Zunge können wir fünf Geschmacksrichtungen wahrnehmen: Allgemein bekannt sind süss, sauer, salzig und bitter. Weniger geläufig ist der herzhafte, wohlschmeckende Umami-Geschmack. Diese Bezeichnung geht zurück auf den japanischen Chemiker Kikunae Ikeda, der 1909 den wesentlichen Geschmacksträger, die Glutaminsäure, identifiziert hat. Umami-Geschmack findet man vor allem in tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch oder Parmesankäse. Aber auch pflanzliche Produkte wie Shiitake-Pilze, Tomaten oder Sojasauce sind Träger dieser fünften Geschmacksrichtung.
Mit der Nase nehmen wir bereits vor dem ersten Bissen flüchtige Stoffe als Gerüche aus der Luft wahr (orthonasal). Beim Kauen werden noch viel mehr flüchtige Moleküle freigesetzt, die über den hinteren Rachen zu den Geruchsrezeptoren gelangen und so riechbar werden (retronasal). Wenn Geruchsmoleküle aus der eingeatmeten Luft kommen, bezeichnet man dies als «Geruch». Wenn sie aus der Mundhöhle kommen, spricht man vom «Aroma» eines Lebensmittels.
Um den Unterschied von Geschmack, Geruch und Aroma besser zu verstehen, können Sie folgendes Experiment durchführen: Mischen Sie ein wenig Zucker und Zimtpulver. Halten Sie sich die Nase zu und nehmen Sie einen Teelöffel Zimtzucker ein. Mit geschlossener Nase erkennen Sie fast ausschliesslich den süssen Geschmack. Sobald Sie die Nase öffnen, werden Sie die wunderbaren Düfte und Aromen erkennen.
Spannende Reize setzen
Spitzenköche finden die perfekte Balance der fünf Geschmacksrichtungen, zaubern im stimmungsvollen Ambiente mit wunderbaren Düften und Aromen und verstehen die grosse Kunst, mit Reizen wie scharf, heiss, kalt, beissend, prickelnd und adstringierend Akzente zu setzen. Hierbei werden Schmerzrezeptoren gereizt. Für diese Wahrnehmung ist der Trigeminusnerv verantwortlich. Er sendet die Signale ans Hirn und ist deshalb auch ein wichtiger Bestandteil des Genusserlebnisses.
Scharf ist kein Geschmack
Bei den «Scharfmachern» sind Pfeffer und Chili die wohl bekanntesten. Die Schärfe wird durch unterschiedliche Bestandteile erzeugt, typischerweise durch sogenannte Säureamide. Beim Pfeffer ist es das Piperin, das für ein angenehm warmes Mundgefühl sorgt, und beim Chili das Capsaicin, das wir als scharf oder besser aus dem Englischen als «hot», «heiss», wahrnehmen. Im Gegensatz zu Hitze reagieren die Rezeptoren bei scharfen Speisen nicht auf Temperatur, sondern auf bestimmte Moleküle der Speise. Ob die Reize von echter Temperatur oder entsprechenden Molekülen stammen, können die Rezeptoren jedoch nicht unterscheiden. Deshalb kann ein mexikanisches Chiligericht schon mal den Schweiss auf die Stirne treiben.
Von Glückshormonen und Geschmacksverstärkern
Durch den Schmerzreiz werden auch vermehrt Endorphine freigesetzt. Das sind Glückshormone, die bei Ausschüttung Glücksgefühle beim Menschen auslösen, weshalb scharfem Essen oftmals eine Wirkung als «Naturdroge» nachgesagt wird. Bei regelmässigem Genuss scharfer Küche kommt es zu einem Gewöhnungseffekt, einer Toleranzentwicklung. Scharf essen kann somit erlernt werden. Die Dosis an Scharfstoffen, die nötig ist, um die bekannten Nebenwirkungen auszulösen, steigt mit regelmässigem Konsum scharfer Gerichte sukzessive an.
Bei einer wohldosierten Anwendung wirkt Schärfe als Geschmacksverstärker: Die Durchblutung der Schleimhäute wird durch den Schmerzreiz angeregt, was eine intensivere Wahrnehmung anderer Aromen mit sich bringt.
Deshalb lohnt es sich auf jeden Fall, die Speisen mit frisch gemahlenem Pfeffer zu veredeln. Für mich kommt natürlich nur der biologisch produzierte, frisch gemahlene Jahrgangspfeffer von unserer Plantage in Kampot (Kambodscha) auf den Teller. Egal, ob rot, schwarz oder weiss, Kampot-Pfeffer macht glücklich!