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Was die Bildungsreform bedeutet

Lara Talloncini und Siyar Bilgiç sind vorläufig die letzte Polygrafin und der letzte Polygraf, die Stämpfli ausbildet. Mit dem Inkrafttreten der Bildungsreform 2022 haben sich die Berufsbilder Mediamatiker und Polygraf stark angenähert und sind zu einem grossen Teil deckungsgleich geworden. Aus diesem Grund hat Stämpfli Kommunikation entschieden, sich vorläufig auf die Ausbildung von Mediamatikern zu fokussieren. Siyar Bilgiç, lernender Polygraf im zweiten Lehrjahr, und Oliver Glauser, Ausbildner und Leiter der nextgen bei Stämpfli Kommunikation, erklären, was sich mit der Bildungsreform geändert hat.

Siyar Bilgiç, Lernender Polygraf

«Die grösste Veränderung der Bildungsreform ist, dass das Grundausbildungsjahr weggefallen ist. Bis im Sommer 2022 gingen die Polygrafen im ersten Lehrjahr für zwei Semester jeden Tag in die Berufsschule. Wir hingegen besuchten in unserer ersten Arbeitswoche einen überbetrieblichen Kurs, in dem wir die Grundlagen von InDesign erlernten, und wurden dann direkt in die Arbeitswelt entlassen. Ich glaube, wenn ich ein Jahr lang in die Schule gegangen wäre, hätte ich die Hälfte des Stoffes im zweiten Jahr wieder vergessen gehabt. Schliesslich lernt man in der Schule meistens in kurzer Zeit möglichst viel für einen Test, danach vergisst man aber all das, was man nicht mehr braucht, gleich wieder. So hat es sich für mich jedenfalls in der Grundschule angefühlt. Mit dem neuen Lehrplan werde ich aber sozusagen gezwungen, mir das Schulwissen so gut wie möglich einzuprägen. Denn am nächsten Tag geht es wieder in den Betrieb, und dort muss ich das Erlernte direkt anwenden. Ich finde es super, dass die Theorie direkt in der Praxis gebraucht und gefestigt wird.

Der Stoff an sich ist ähnlich wie im alten Lehrplan. Da wir der erste Jahrgang mit dem neuen Lehrplan sind, ist es für unsere Lehrkräfte schwierig, einzuschätzen, wie viel Zeit wir für was benötigen. Es ist schon ein paar Mal vorgekommen, dass wir vom Plan abweichen mussten, weil wir länger für etwas brauchten oder etwas schneller begriffen als erwartet. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass wir andere Abschlussprüfungen haben werden. Soweit ich weiss, stehen die Prüfungsfragen noch nicht fest. Das heisst, niemand weiss sicher, was geprüft wird. Unsere Lehrerinnen und Lehrer geben aber ihr Bestes, um uns auf alles vorzubereiten.»

Was machen eigentlich Mediamatiker?

Mediamatiker gestalten auf kreative Art Informationen, die über verschiedene Medien verbreitet werden. Sie sind also Fachleute für die medienübergreifende Informationsaufbereitung. Das heisst, sie haben überdurchschnittliche Kenntnisse im Produzieren und im Verwenden von Multimedia.

Zum Jobprofil gehören Aufgaben in Gestaltung und Design, Marketing, Kommunikation und Projektentwicklung. Mediamatiker kennen die dafür nötigen Informatikmittel genauso wie die dazugehörigen administrativen Prozesse. Sie betreiben Social-Media-Kanäle aktiv und binden die erforderlichen Bildmaterialien, Filme, Musikstücke, Texte und Audiodateien ziel- und fachgerecht im jeweiligen Medium ein. Doch nicht nur auf Social Media sind sie aktiv: Sie entwickeln und gestalten auch Inhalte und ganze Datenbanken sowie Prospekte für Anlässe und Produkte. Auch hier geht es darum, die Inhalte kundengerecht, verständlich und lesefreundlich darzustellen.

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Oliver Glauser, Leiter nextgen

«Als Ausbildner im Bereich Polygrafie stehe ich vor spannenden Herausforderungen. Im neuen Lehrplan sind Fähigkeiten integriert, die früher vorwiegend den Mediamatikern zugeordnet waren, etwa Kenntnisse im Marketing oder in der Video- und Audiobearbeitung. Das erfordert auch von uns Ausbildnern eine stetige Weiterentwicklung und Auseinandersetzung mit diesen Themen. Bei Stämpfli haben wir uns entschieden, nur noch Mediamatiker auszubilden, weil die Lehre vielseitiger ist und die digitalen Kompetenzen gezielt geschult werden.

«Trotz dem Wandel bleibt eines konstant: die erfüllende Aufgabe, junge Menschen ins Berufsleben zu begleiten.»

Oliver Glauser

Die Abschaffung des Grundausbildungsjahres bedeutet, dass wir vermehrt Grundlagen vermitteln, was meine Rolle intensiviert. Zudem revolutioniert die künstliche Intelligenz unseren Beruf, besonders im Bereich der Bildbearbeitung. Dabei bleibt es essenziell, offen für neue Technologien und Arbeitsmittel zu sein und einen gegenseitigen Austausch mit den Lernenden zu pflegen – ein Geben und Nehmen von Wissen und Erfahrungen. Die Annäherung der Lehrpläne von Polygrafen und Mediamatikern zeigt, wie eng verzahnt die Bereiche inzwischen sind. Die Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz wird das Berufsbild zukünftig massgeblich bestimmen und die Arbeitsweise disruptiv verändern. Trotz dem Wandel bleibt eines konstant: die erfüllende Aufgabe, junge Menschen ins Berufsleben zu begleiten und sie sowohl fachlich als auch sozial zu fördern. Damit wirken wir Ausbildner auch dem Fachkräftemangel entgegen.»

 

Luana Leist
Lernende Polygrafin
Stämpfli Kommunikation
+41 31 300 65 90