• Unsere Sicht

Integrierte Kommunikation

In der griechischen Mythologie ist es der mit Flügelschuhen und Heroldsstab ausgestattete Götterbote Hermes, der als Verbindungsglied zwischen Olymp und Erde fungiert. Iris stellt dazu das weibliche Pendant dar. Ihr Attribut ist dasjenige des Regenbogens, der die Brückenfunktion des Boten veranschaulicht. Nun mag heute Red Bull allen Menschen Flügeln verleihen, die sich welche wünschen. Doch was hat das mit integrierter Kommunikation zu tun?

Unternehmen haben ihr Domizil eher selten auf dem Olymp, doch sind sie heute mehr denn je darauf angewiesen, dass ihre Botschaften ihre Zielgruppen erreichen. Das ist heute nicht mehr ganz so trivial, denn auf Hermes alleine können sie sich bei der Vielzahl von Kanälen nicht mehr verlassen. Wir gehen derzeit davon aus, dass Menschen in der westlichen Welt mit 10 000 bis 13 000 Werbebotschaften pro Tag(!) konfrontiert werden. Gleichzeitig sinkt die Aufmerksamkeit der definierten Empfänger markant. Glaubt man entsprechenden Studien, liegt das Aufnahmevermögen bei 3000 bis 5000 Werbebotschaften. Danach ist Sendepause. Weniger wäre mehr. Aber: Wer sagt es den Werbetreibenden? Werbung im Internet ist günstig, und Reichweite lässt sich relativ einfach aufbauen. Deshalb sind die Inhalte und Botschaften aber für die Zielgruppen noch lange nicht relevant.  

Kommunikation verbindet

Wir brauchen nicht grundsätzlich bis in die griechische Mythologie zurückzugehen, wenngleich Hermes’ Flügelschuhe als direkte Analogie zur Kommunikation des Süssgetränkeherstellers nicht ganz aus der Luft gegriffen zu sein scheinen. Auch die Regenbogenfarben begegnen uns ja heute in unterschiedlichem Kontext (Peace, Diversity) relativ häufig, was die Regenbogengöttin Iris erfreuen dürfte. Interessant ist, dass der Name Iris sich aus dem griechischen «eiro» ableitet, was so viel wie «verbinden» bedeutet. Das nehmen wir mit, denn darum geht es in der Kommunikation: Um eine Botschaft zu vermitteln und uns mit den Empfängern zu verbinden, benötigen wir einen Boten. Nur werden wir heute keinen Hermes mit Flügelschuhen beauftragen, sondern uns fragen, über welche Kanäle wir am besten eine Verbindung mit unseren Zielgruppen aufbauen können.

Content Marketing braucht starke Botschaften

In den 1980er-Jahren eröffnete uns das aufkommende Privatfernsehen die Möglichkeit, unsere Zielgruppen über neue Fernsehkanäle und, noch wichtiger, über neue Sendeformate zu erreichen. 1987 erfolgte die Markteinführung von Red Bull mit dem immer noch populären Slogan «Red Bull verleiht Flügel!» und den legendären Comicspots aus dem ungarischen Studio von Tibor Hernádi (Agentur Kastner). Die Spots sehen wir heute seltener, dafür ist die Marke Red Bull auf den sozialen Medien omnipräsent. Dank dem hohen Bekanntheitsgrad der Marke rückt die klassische Produktwerbung in den Hintergrund. Über 600 Extremsportlerinnen und -sportler (Basejumping, Gleitschirmakrobatik, Windsurfen, Kitesurfen, Wellenreiten, Snowboarden, Skateboarden, Wildwasserkajak, Mountainbiken oder Freerunning) standen 2021 beim Energydrinkhersteller unter Vertrag und lieferten Stoff für alle Kanäle. Dabei gibt Red Bull 1,4 Milliarden Euro für Content-Marketing aus. Die Marke scheint also im Olymp angekommen zu sein und beschäftigt ein Heer von Boten, die die Markenbotschaft verkünden. Das ist zeitgerecht und bewundernswert.

Identität und Marke als Treiber

Die inhaltliche und die formale Abstimmung aller Kommunikationsmassnahmen bezeichnen wir als integrierte Kommunikation. Im Zentrum aller Überlegungen steht die Marke. Sie ist das Verbindende und geht weit über die formale Integration (das Corporate Design) wie Formen, Farben oder Bildwelten hinaus. Sie umfasst auch die inhaltliche, die sprachliche, die zeitliche und die instrumentelle Integration.

Betrachten wir nun die gängigen Kommunikationsinstrumente (Werbung, Verkaufsförderung, Direct Marketing, Public Relations, Sponsoring, Live Communication usw.), stellt sich uns nun doch eine komplexe Ausgangssituation dar, wenn es darum geht, Strategien und Konzepte zu erarbeiten, die zum Kommunikationserfolg führen sollen. Wir erinnern uns: bis zu 13 000 Werbebotschaften pro Tag, dazu eine zunehmend wachsende Anzahl an Instrumenten und Kanälen, die genutzt werden können, um unsere Zielgruppen zu erreichen. Der Tanz mit der Relevanz muss keine Soloeinlage sein.

Es ist eine lohnende Investition in die Zukunft, sich zunächst intensiv mit der eigenen Markenidentität auseinanderzusetzen. Dabei ist es nicht von Belang, ob hinter der Marke ein Süssgetränk, ein Industriebetrieb oder eine Non-Profit-Organisation steht. Wichtig ist es, ein Selbstverständnis, eine Identität zu entwickeln. Denn nur über die Markenidentität lässt sich definieren, was Authentizität ausmacht. Im zweiten Schritt gilt es, den organisationsstrategischen Rahmen abzustecken. Wer sind die Stakeholder, wer sind die Kernzielgruppen, die es künftig in der Kommunikation zu erreichen gilt, und welche Themen haben für sie im Kontext unserer Marke letztlich wirklich Relevanz?

Sicherheit gewinnen, das Richtige zu tun

Die Formulierung von übergeordneten sowie von zielgruppenspezifischen Botschaften ist keine Herkulesaufgabe, aber es lohnt sich, hier genau hinzuschauen und hinzuhören. Am besten bei den Zielgruppen selbst. Dazu bieten sich qualitative Interviews genauso an wie Panelgespräche, die mit einer quantitativen Befragung abgeglichen werden können. So lässt sich Sicherheit gewinnen, das Richtige zu tun. Sind personelle Ressourcen und Kopfarbeit hier richtig eingesetzt, gilt es, darüber zu befinden, welche Boten (Kommunikationskanäle) am besten geeignet sind, um die definierten Zielgruppen zu erreichen und eine Verbindung mit ihnen herzustellen. Zu allem Ungemach müssen Iris und Hermes also über sich hinauswachsen und sich mit dem Umstand vertraut machen, dass eine Botschaft je nach Zielgruppe und Kanal nicht in jedem Fall identisch ist. So stellen wir uns die beiden dann am besten in einem avantgardistisch anmutenden Newsroom vor, der es ihnen erlaubt, die Kommunikationsstrategie im Sinne der integrierten Kommunikation umzusetzen, ob mit Flügelschuhen oder Regenbogen: Erfolgreiche Kommunikation ist harte Arbeit. Auch für Göttinnen und Götter.

Integrierte Kommunikation kurz erklärt

Der strategische Ansatz der integrierten Kommunikation verlangt, dass sämtliche Kommunikationsaktivitäten eines Unternehmens strategisch geplant und koordiniert konzipiert (und damit integriert) werden.

Die so koordinierte Kommunikation erlaubt es, Unternehmensziele dank gezielter Kommunikation zu erreichen, Synergien innerhalb des Unternehmens zu nutzen und mit weniger Aufwand bessere Resultate zu erzielen.

 

Die Integration sämtlicher Kommunikationsaktivitäten beinhaltet:

Zeitliche Integration

Die Kommunikationsaktivitäten werden zeitlich aufeinander abgestimmt und über eine (Jahres-)Planung orchestriert.

Inhaltliche Integration

Die Botschaften an die Zielgruppen sind detailliert definiert und auf die einzelnen Kommunikationsinstrumente und -kanäle abgestimmt.

Formale Integration

Die Kommunikationsaktivitäten auf den unterschiedlichsten Kanälen entsprechen dem einheitlichen Erscheinungsbild.

Sprachliche Integration

Sämtliche Kommunikationsaktivitäten kommen in einer einheitlichen, für das Unternehmen typischen Sprache daher.

Rolf Loepfe
Leiter Kommunikationsagentur, Mitglied der Geschäftsleitung
Stämpfli Kommunikation
+41 31 300 65 19