• Unsere Sicht

Das Post-it wird digital

Arbeitsabläufe werden laufend verändert, optimiert und wo notwendig auf den Kopf gestellt. Keine einfache Aufgabe bei der Komplexität der Prozesse und der damit verbundenen Systeme. Dass dabei oftmals auch persönliche Königreiche samt jahrelang aufgebauten Gewohnheiten aufgegeben werden müssen, ist eine zusätzliche Herausforderung.

Prozesse bedeuten Veränderung und erfordern Beweglichkeit

Wer kennt sie nicht, die kleinen farbigen Klebezettel, die als Einkaufshilfe an unseren Kühlschränken hingen, als Gedankenstütze auf unseren Pulten lagen oder als Info für eine Kollegin oder einen Kollegen dienten? Grüne, gelbe, pinke, blaue oder orange Vierecke, die manchmal gar ganze Prozessabläufe visualisierten und Workshopwände bedeckten: Post-its haben uns in den letzten 40 Jahren geprägt und begleitet.

Heute haben die Haftnotizen beinahe einen nostalgischen Touch. Den Wocheneinkauf organisieren wir mit der App «Bring!», Notizen machen wir im Handy, und die Pendenzen des Arbeitsalltages halten wir lieber im Programm Asana fest, damit sie von überallher und jederzeit abrufbar sind. Aufgaben planen wir mit Zeitachsen oder digitalen Kanban-Boards und schalten sie zur Erledigung frei. Ein Arbeitsprozess lässt sich überwachen, steuern und immer anpassen. Das System hinter dem Arbeitsablauf meldet uns jegliche Aktivität und informiert uns über die zuständige App auf unseren Smartphones – natürlich auch, wenn wir etwas vergessen haben.

Unsere Systeme und Prozesse

Bei Stämpfli werden Produktions- und Kundendaten rund um die Uhr auf unterschiedlichen digitalen Plattformen angeliefert. Aus diesen Daten entstehen in der Medienproduktion viele Zeitschriften, mit steigender Tendenz über unser Redaktionssystem EditorBox. Bis zum fertigen Produkt durchlaufen die Daten einen komplexen Workflow mit vielen Teilschritten, beteiligten Personen und Systemen. Medieninhalte werden in zunehmendem Mass auch über digitale Kanäle veröffentlicht, nicht nur auf Papier. Ein Beispiel ist unser Webmagazin, das seinen Inhalt aus einem Multi-Channel-Publishing-System erhält und aufbereitet.

Eine weitere Lösung für komplexe prozessuale Abläufe sind PIM-Systeme. Mehr über PIM findet sich im Beitrag «Perspektivenwechsel» in dieser «Marginalie». Zentral und medienneutral werden Produktdaten wie Preis, Grösse, Aussehen und vieles mehr erfasst, gesteuert und anschliessend in digitale Kanäle wie Webshops, Apps, soziale Medien oder auch ERP-Systeme ausgespielt.

«Für die Verteidigung der eigenen Königreiche setzt der Mensch mit grosser Ausdauer ungeahnte Kräfte frei.»

Samuel Jaberg

Die VUCA-Welt

Was ist in einem Unternehmen verbesserungswürdig? Meist werden die nicht oder nur schlecht funktionierenden Prozesse genannt. Sobald an einer Aufgabe mehrere Abteilungen beteiligt sind, wird es herausfordernd. Deshalb ist die laufende Prozessoptimierung so wichtig – und das ist keine einfache Angelegenheit. Das Akronym VUCA steht für diese Schwierigkeit in der heutigen Zeit. Es umschreibt die Schnelllebigkeit, der sich die meisten Unternehmen in einer zunehmend digitalisierten Welt stellen müssen. Die Menge an radikalen und gleichzeitig einhergehenden Veränderungen, die grosse Zunahme an Komplexität und Abhängigkeit und somit auch die erschwerte Orientierung stellen Mensch und Maschine vor immer grössere Herausforderungen. Sich dieser VUCA-Welt zu stellen, ist heute der einzige gangbare Weg. Mögliche Veränderungen vor allem auch als Chance zu sehen, ist bereits die halbe Lösung.

Der Faktor Mensch

Prozesse sind in der heutigen Arbeitswelt immer systemgestützt und somit auch systemgebunden. Das ist eine Herausforderung: Eine IT-Umgebung wächst gleichermassen mit dem Unternehmen mit, wird grösser, komplexer und hat eine Unmenge an Abhängigkeiten mit sehr vielen Schnittstellen. Eine IT-Landschaft hat immer eine lange Historie – wie auch die Mitarbeitenden. Auch dies ist eine Herausforderung: Gewöhnung und vor allem Sicherheit sind wichtig für das persönliche Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Eine Prozessoptimierung jedoch bedeutet Veränderung.

Veränderungen haben einen eher schlechten Ruf. Für die Verteidigung der eigenen Königreiche setzt der Mensch mit grosser Ausdauer ungeahnte Kräfte frei. Eine partizipative Führung bezieht die betroffenen Mitarbeitenden deshalb frühzeitig ein und lässt sie an der Ideen- und Entscheidungsfindung teilhaben. Es gilt, Verständnis für die Notwendigkeit der anstehenden Veränderung zu schaffen, Ängste zu reduzieren und ihren zukünftigen Mehrwert in den Mittelpunkt zu stellen.

Revolutionäre Entwicklung

Ein Prozess, unabhängig in welcher Branche und von welcher Komplexität, hat als oberstes Ziel, die Effektivität und Effizienz zu erhöhen. Gut durchdachte und sorgfältig eingeführte Prozesse bringen Entlastung für alle Beteiligten. Der Weg zum angestrebten Ergebnis wird einfacher, und im besten Fall werden massiv Kosten eingespart.

Henry Ford entdeckte zu Beginn des 20. Jahrhunderts, dass die Produktion von Autos schneller und besser funktioniert, wenn die Fahrzeuge in Teilschritten gefertigt werden und die Mitarbeitenden immer die gleichen Handgriffe ausführen. Dieser damals neuartige Herstellungsprozess ist bis heute trotz agilen Organisationen, Automatisierung und Robotik in seinen Grundzügen gleich geblieben. Es bleibt also die Hoffnung, dass Prozesse, die sich bewährt haben, trotz Digitalisierung, VUCA, menschlichen Widerständen sowie Veränderungen innerhalb und ausserhalb eines Unternehmens auch Jahrzehnte standhalten können.


Kanban-Board

Beim Kanban-Board handelt es sich um ein einfaches und effizientes Hilfsmittel, mit dem sich Arbeitsabläufe, Aufgaben und Zuständigkeiten visualisieren und planen lassen. Ursprünglich ist es in Japan bei Toyota Motor Corporation entwickelt worden.

VUCA

Die Abkürzung VUCA beschreibt unsere zunehmend volatilere, unsicherere, komplexere und mehrdeutigere Welt. Das Akronym kommt nicht aus der Unternehmensführung. Es diente am United States Army War College, um die Welt nach dem Kalten Krieg besser einzuordnen, und floss danach in einen breiteren Kontext ein. Die Abkürzung steht für Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity.

Samuel Jaberg
Chief Digital Officer, Mitglied der Geschäftsleitung
Stämpfli Kommunikation
+41 31 300 64 80