Wer ist Prof. Andreas Lienhard?

20.12.2007

Warum haben Sie sich für das Jurastudium entschieden?

Bereits während meiner Banklehre habe ich die Bedeutung des Rechts kennen gelernt. Bei der Vorbereitung auf die Eidgenössische Maturitätsprüfung hat mich dann die Rechtskunde vollends zu faszinieren begonnen – mein damaliger Lehrer hat dazu mit seinen Erfahrungsberichten aus der Anwaltspraxis einiges beigetragen …

Wo ist für Sie heute die Herausforderung, Recht zu praktizieren, Recht zu lehren oder über Recht zu schreiben?

Die Herausforderungen sind mannigfaltig: Im Vordergrund steht für mich zunächst die Rechtswissenschaft als Denkschule; Juris-terei zwingt, sorgfältig zu analysieren, klar zu strukturieren und folgerichtig zu synthetisieren. Im Weiteren ist Recht eine Querschnittsmaterie – die verschiedenen Regelungsmaterien machen den «Berufsalltag» ausgesprochen spannend und fordern einen immer wieder aufs Neue. Wenn es dabei gelingt, auf aktuelle Fragestellungen – beispielsweise im Zusammenhang mit den verschiedenen Reformen in unserem Staatswesen – Antworten zu finden, ist dies besonders bereichernd. Etwas vom Schönsten ist zudem, das Wissen den Studierenden weiterzugeben sowie mit den Kolleginnen und Kollegen zu teilen und damit zu vermehren.

Gibt es ein berufliches Projekt, welches Sie noch nicht in Angriff genommen haben, aber an dem Ihnen viel liegt?

Mein bisher wohl wichtigstes berufliches Projekt war die Initiierung und Mitbegründung des interdisziplinären Kompetenzzentrums für Public Management an der Universität Bern. Ökonomie, Politologie und Rechtswissenschaft sind in diesem interfakultären Institut vereint und liefern gemeinsam einen Beitrag in Lehre, Weiterbildung, Forschung und Dienstleistungen auf dem Gebiet der öffentlichen Verwaltung. Dieses Kompetenzzentrum ist damit gewissermassen der Nukleus für weitere grössere Projekte: Dazu zählt beispielsweise der Aufbau eines nationalen Netzwerks für Verwaltungswissenschaften (Pol national en administration publique), an dem nebst der Universität Bern auch das Institut de hautes études en administration publique sowie die Universität Lausanne und die Universität der italienischen Schweiz beteiligt sind. Ein Kernprodukt wird dabei ein interuniversitäres Masterprogramm sein (Master of Arts in Public Management and Policy).

Gibt es neben Recht ein weiteres Gebiet, über das Sie gerne schreiben würden?

Das Recht ist eine Querschnittsmaterie und weist damit Berührungspunkte zu zahlreichen interessanten Gebieten auf. Am meisten beschäftigen mich gegenwärtig staatstheoretische Fragen. Diese müssen beantwortet sein, bevor man den Staat mit Normen konstituiert, weiterentwickelt und sichert. Vielleicht werde ich mich deshalb einmal an die ganz grundlegenden Gedanken zum Staatswesen heranwagen. Zunächst konzentriere ich aber meine Schriftstellerei wohl noch einige Jahre auf das Kerngeschäft…

Welches Buch oder welche Bücher liegen neben der Fachliteratur auch noch auf Ihrem Nachttisch?

Zur abendlichen Pflichtlektüre zählen insbesondere sicherheitspolitische Publikationen, wobei natürlich auch hier ein gewisser Fachbezug vorhanden ist. Nachtruhe finde ich alsdann aber eher bei Immanuel Kant oder bei Antoine de Saint-Exupéry – gegenwärtig im Sammelband «Worte wie Sterne».

Wie würden Sie ein Jahr Urlaub verbringen?

Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Falls dies aber einmal eintreffen sollte: mit meiner Familie reisen und andere Kulturen besuchen, eine weitere Fremdsprache lernen und natürlich ein Buch schreiben …

Falls Sie einen Wunsch frei hätten, welches wäre Ihr grösstes Anliegen?

Ich wünschte mir, dass in der Welt die Vernunft eine grössere Bedeutung hätte – zum nachhaltigen Schutz der Menschheit und deren Umwelt. Ein im wohlverstandenen Sinn starkes Staatswesen verbunden mit einem hohen Mass an Selbstverantwortung kann vielleicht dazu beitragen, dieses Wunschdenken der Realität anzunähern.