Wer bestimmt, was gute Kunst ist?

Monika Roth setzt sich mit den Schattenseiten und Grauzonen des Kunstmarkts auseinander. Das Buch «Kunst und Geld – Geld und Kunst» zeigt anhand von konkreten Fällen die fragwürdigen Geschäftsgebaren im Kunstmarkt auf.

Frau Roth, Sie eröffnen Ihr Buch mit folgendem Zitat von Ai Weiwei:

«Kunst wird immer mehr zum Konsumgut. Die Käufer wollen sich mit prestigeträchtigen Objekten umgeben. Die Galerienszene besteht in Wahrheit aus einem sehr kleinen Kreis, der eine gut gebildete Gruppe wohlhabender Sammler bedient, die den Kunstmarkt dominieren.»

Ai Weiwei

Wer bestimmt, was gute Kunst ist?

Was angeblich gute Kunst ist, bestimmen ein paar internationale Grossgalerien. Sie dominieren den Markt und setzen die Trends, denen die von ihnen betreuten Sammler und Sammlungen folgen. Deshalb ist es auch so, dass sich diese Sammlungen ähneln. Man kauft dann eigentlich nicht nur das Werk eines Künstlers, sondern auch die Empfehlung des Galeristen.

Ist Kunst in diesem Segment überwiegend eine Geldanlage, oder wird sie auch aus immateriellen Gründen gewählt?

Kunst im obersten Preissegment ist eine Anlageklasse, die zur Diversifikation des Portfolios genutzt wird. Solche Kunst bedeutet auch soziale Geltung, Prestige und Akzeptanz. Man ist jemand. Das ist kein neues Phänomen – denken Sie an die Sammlung Bührle.

Unter anderem ein Statussymbol also. Sie beschreiben in Ihrem Buch, dass Käufer, die wissen, dass sie einem Fälscher aufgesessen sind, oftmals gar kein Interesse an der Aufklärung der Angelegenheit haben. Weshalb?

Man verdrängt gerne, dass man einem Betrüger aufgesessen ist. Echtheitsabklärungen kosten Geld, und ein klares Resultat beseitigt Zweifel. Wer mit einem negativen Resultat rechnen muss, lässt es allenfalls lieber offen.

Nicht nur Fälschungen, sondern auch Geldwäscherei, Steuerhinterziehung und Zollfreilager sind Problemkreise, die den eher lasch regulierten Kunstmarkt umtreiben. Was müsste die Schweiz besser machen?

Der Kunstmarkt ist ein grosser und kaum regulierter Markt – das gilt weltweit. Auch Zollfreilager gibt es nicht nur in der Schweiz. Die dünne Regulierung, die es gibt, muss durchgesetzt werden, und ich bin der Meinung, dass die Schweiz gerade bei den Zollfreilagern vermehrt hinschauen muss und Fragen nach Eigentum, Herkunft von Geldern und der wirtschaftlichen Berechtigung von Briefkastenfirmen stellen. Die geltende Inventarpflicht muss durchgesetzt und kontrolliert werden.

Noch zum Abschluss: Welche kürzlich von Ihnen besuchte Ausstellungen können Sie den Leserinnen und Lesern empfehlen?

Persönlich bin ich sehr kunstinteressiert und besuche (im Moment wegen Covid leider eingeschränkt) gerne und viele Ausstellungen. 2020 war es die Lee-Krasner-Präsentation im Zentrum Paul Klee, die mich total begeistert hat, dann gerade vor dem Lockdown die Pierrre-Soulages-Ausstellung in Baden-Baden. Spannend ist aktuell im Museum Tinguely in Basel «Impasse Ronsin. Mord, Liebe und Kunst im Herzen von Paris».

Prof. Dr. iur. Monika Roth

Monika Roth ist Rechtsanwältin, Richterin und emeritierte Hochschullehrerin. Sie ist Expertin und Autorin in den Bereichen Compliance, Corporate Governance und Finanzmarktrecht.

Monika Roth

Kunst und Geld – Geld und Kunst

Schattenseiten und Grauzonen des Kunstmarkts

360 Seiten, borschiert

CHF 72.–        

978-3-7272-1990-0

 

Erhältlich in jeder Buchhandlung oder über

 

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