Simone Niggli-Luder – die beste Orientierungsläuferin der Welt

Im Alter von zehn Jahren hast du deine Karriere begonnen und zum ersten Mal alleine an einem Wettkampf teilgenommen. Es war ein sonniger Tag, deine Eltern hätten dir sonst von einem Start abgeraten. Trotz den guten Voraussetzungen verlief der Einstieg schliesslich doch nicht ganz optimal. Du hast dich im Wald verlaufen und dir wurde nicht weitergeholfen*. Inwiefern hat dich diese Erfahrung, nicht nur in Bezug auf den Orientierungslauf, geprägt? Hatte dieses Erlebnis einen Einfluss auf deine spätere Karriere?

Dass mir dieses Erlebnis noch heute in Erinnerung ist, zeigt schon auf, dass es mich ziemlich beschäftigt hat. Im OL hat es sicher dazu geführt, dass ich Kindern jeweils helfe, wenn ich sehe, dass sie nicht mehr weiterwissen. Das kann auch bei einer Schweizer Meisterschaft sein. Allgemein finde ich Hilfsbereitschaft sehr wichtig, ist doch

jeder von uns froh, wenn ihm geholfen wird und er selbst etwas weitergeben kann.

Heute, mit 29 Jahren, bist du die Nummer eins der Weltrangliste. Du hast insgesamt 23 WM- und EM-Medaillen gewonnen, darunter 17 goldene! Letzten Sommer hast du ausserdem erstmals am Jungfrau-Marathon teilgenommen und bist als beste Schweizerin auf der Kleinen Scheidegg als Dritte ins Ziel eingelaufen. Die breite Öffentlichkeit nimmt dich als ehrgeizige, aber faire Sportlerin wahr. Du zeigst Gefühle, lachst viel, bist aber auch sehr diszipliniert. Wie siehst du dich selbst? Wie gehst du mit diesen Erwartungen um?

Die obige Beschreibung trifft sicherlich auf mich zu. Ich bin ziel-orientiert und dabei auch sehr diszipliniert. Daneben versuche ich aber auch, ich selbst zu bleiben, und ich geniesse es, mit meiner Familie und meinen Kollegen zusammen zu sein. Im Laufe der Jahre musste ich lernen, damit umzugehen, eine «öffentliche» Person zu sein. Es hat viele schöne, teilweise aber auch weniger schöne Aspekte dabei, und ich versuche, diese äusseren Erwartungen zwar zu berücksichtigen, aber trotzdem immer auf mein Inneres zu hören.

Du erbringst aussergewöhnliche Leistungen, die nicht so wie bei anderen Sportarten als das wahrgenommen werden. Wie erklärst du dir das? Ärgert dich das manchmal?

Nein, ich bin mir bewusst, dass der Orientierungslauf nicht dieselbe Popularität hat wie andere Sportarten. Das ist sicher auf die Medienwirksamkeit zurückzuführen. OL findet meistens draussen im Wald statt, und es ist schwierig, den Sport via Fernsehen dem Publikum näherzubringen. Das Interesse der Medien hat sich aber in den letzten Jahren sehr gesteigert, und ich freue mich, dabei eine gewisse Vorreiterrolle gespielt zu haben.

Welche Ratschläge gibst du Kindern und Jugendlichen, die sich für die Sportart OL interessieren? Was sind die wichtigsten Voraussetzungen? Wie steigt man am besten in diese Sportart ein? Wo und wie finde ich Informationen?

Das wichtigste beim OL ist die Freude an der Natur, die Freude, sich draussen zu bewegen. Karten lesen kann jeder und jede erlernen, und mit den Einführungen an den Schulen ist dabei ein erster Schritt gegeben. Die Jugendlichen können einen lokalen Klub kontaktieren, der Trainings anbietet. Informationen findet man auf der Homepage des OL-Verbandes: www.solv.ch.

Wie wird sich der Orientierungslauf in den nächsten Jahren entwickeln?

Ich hoffe, dass das Medieninteresse weiterhin ansteigt, wobei natürlich Schweizer Erfolge nötig sind. Mit der Disziplin Sprint kann der OL dem Publikum nahegebracht werden, da diese Wettkämpfe in den Städten oder in Pärken stattfinden.

In diesen Tagen ist das von Beat Hugi (Text) und Rudolf Steiner (Fotos) herausgegebene Buch über dich erschienen. Du und dein Mann Matthias haben sehr intensiv an dieser Publikation mitgearbeitet. Was heisst es für dich, als junge Frau die eigene Geschichte in einem Buch zu veröffentlichen?

Die Idee kam vom Autor Beat Hugi, und ich fand das Projekt sehr spannend. Auch wenn ich noch nicht am Ende meiner Karriere stehe, so ist es doch ein erster Rückblick auf meine Entwicklung. Vor allem den Einbezug meines Umfeldes finde ich sehr interessant. Mit meinen Eltern, Schwestern und meinen Trainern kommen viele Leute zu Wort, die einen erweiterten Einblick in das Leben einer OL-Spitzenläuferin geben.

Wie hast du die Entstehung deines Buches erlebt? Wie war die Zusammenarbeit, und hast du neue Erkenntnisse erworben?

Es gab viele interessante Gespräche und Diskussionen mit allen, die daran mitgearbeitet haben. Oft gab es mir einen Anstoss zu Gedanken und neuen Ansätzen bei gewissen Themen.

Wenn du drei Wünsche frei hättest, wie würden sie lauten?

Gute Gesundheit, viele schöne Erlebnisse und Erfolg für unser neues Buch.

Kurzbiografie

Simone Niggli-Luder

Geboren am 9.1.1978

Verheiratet mit Matthias Niggli

Beruf: Orientierungsläuferin und Biologin

Persönliche Betreuer: Fritz Aebi, Roland Schütz (physischer Bereich), Andrea Binggeli (mentaler Bereich)