«Schlagzeile misslingt, Haus stürzt zusammen»
Eigentlich ist es ein Zufallsprodukt. Und lange wusste man nicht so recht, was daraus werden soll. Eine Artikelserie? Eine Zeitung? Ein Buch? Eine Broschüre? Ein Heft? Ein Magazin? Eine Schriftenreihe? Eine Textreihe für die Website? Gewiss war damals, im spontanen Gespräch, noch nichts – als Marco Ryter, Partner des Architekturbüros Bauart, plötzlich fragte, ob ich vielleicht Zeit und Lust hätte, mal «etwas» für sie zu schreiben. Lust hatte ich, Zeit glaubte ich keine zu haben. Doch glücklicherweise sagte ich zu. Denn das Projekt, das da seinen Anfang nahm, wurde für mich – und hoffentlich auch für Bauart – zu einem spannenden und lehrreichen kreativen Prozess.
20.03.2012
Ich hatte zwar kaum eine Ahnung von Architektur, doch genau dies fanden die Bauart-Leute interessant: Dass sich ein Aussenstehender mit Architekturthemen befasst – einer, der sich mutig und vielleicht auch ein bisschen übermütig und zwischenhinein auch ein bisschen naiv in die komplexe und komplizierte Welt der Architektur begibt. Einer, der altbekannte Fragen neu stellt. Der sich nicht als Experte profilieren muss. Und der versucht, die Architekturfachsprache allgemein verständlich zu machen – sie zu entschlacken. So griff ich also – noch bevor entschieden war, was, wann und wie zu schreiben war – vorerst in einem grossformatigen Bauart-Neujahrsbrief in die Tasten.
«Schlagzeile misslingt – Haus stürzt zusammen»: So hiess, im Januar 2010, der Titel, unter dem ich – kleinlaut, aber in grossen Lettern – gestand: «Journalisten haben es gut. Sie sind legitimiert, neugierig zu sein. Sie dürfen sich überall vordrängen, sich umsehen, Fragen stellen und infrage stellen. Sie haben das Recht zu kommentieren und zu kritisieren. Sie können es sich leisten, von vielem ein bisschen und von wenigem viel zu verstehen. Und so zu tun, als sei das Gegenteil wahr. Sie müssen zwar das ABC einigermassen kennen und sich verständlich ausdrücken können. Doch wenn ein Wort mal nur eine Worthülse ist, ein Satz nicht richtig sitzt oder eine Schlagzeile misslingt, stürzt noch kein Haus zusammen. Die Leute vom Architekturbüro Bauart, die sich bei ihrer Arbeit keine solchen Halbheiten leisten können, gehen also kein grosses Risiko ein, wenn sie in ihrem 65-köpfigen Team in Bern, Neuenburg und Zürich zeitweise auch einen Journalisten beschäftigen.»
Inzwischen habe ich Bauart und ihren Freundinnen, Freunden, Auftraggebern, Kunden, Partnern und Kritikern eine Serie von «Booklets» zugemutet und stelle erstaunt fest, dass in kreativer und freundschaftlicher Zusammenarbeit mit den Bauart-Leuten ein gefälliges und auch amüsantes Textbauwerk entstanden ist – über Grundsätzliches, Hintergründiges, Bedenkenswertes, Bedauernswertes und Nachahmenswertes im Zusammenhang mit Architektur. Und auch über Erstaunliches: zum Beispiel über Füchse, die die Städte bevölkern, über die spiralförmige Oberfläche von Schneckenhäusern oder über Pickel, den potentesten helvetischen Zuchtstier aller Zeiten. Und so weiter.