Rückblick und Ausblick
Jahreswechsel regen zu Rück- und Vorausschau an, wenn man damit zugleich die ersten sechs Monate am neuen Arbeitsort Revue passieren lassen kann, umso mehr. Schneller sind hier nur die Politiker, da wird schon nach 100 Tagen Bilanz gezogen, allerdings mit deutlich verkürzten Halbwertszeiten solcher Feststellungen und Versprechungen.
20.03.2008
Von Zürich nach Bern
Sechs Monate, gekennzeichnet durch Einarbeitung in neue Strukturen, Kennenlernen von vielen neuen Gesichtern – klingt banal, ist es aber nicht; zum Glück gibt es das Mitarbeiterverzeichnis mit den Fotos – und nicht zuletzt Erfahrung neuer Mentalitäten, hatte ich doch mit besonderer Spannung den Kulturwechsel vom börsenkotierten Zürcher zum traditionsreichen Berner Familienunternehmen erwartet. Letztendlich war er kleiner als gedacht, was wohl damit zusammenhängt, dass in Zeiten globalisierter Märkte und unter permanentem technischem Innovationsdruck Unternehmen, so sie denn längerfristig im Markt bestehen wollen, gar nicht umhinkommen, auf der Basis moderner, professioneller Management- und Führungsmethoden zu handeln, ganz gleich ob familien- oder managementgeleitetes Börsenunternehmen. Ein kleiner Unterschied ist mir jedoch aufgefallen: der Einbezug der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse. Die Kommunika-tion nach innen hat hier einen noch grösseren Stellenwert – vielleicht manchmal auch auf Kosten des Tempos bei der Entscheidfindung, aber dieser Geist des Austauschs und der Zusammenarbeit beeindruckt mich nach wie vor.
Neue Akzente im Sachbuchverlag
Gemeinsam ist es uns gelungen, erste neue Akzente zu setzen, so insbesondere mit der Integration des Sachbuchverlages in die Stämpfli Verlag AG, der Verstärkung unserer Bemühungen zur Gewinnung grösserer Kunden im Buchstämpfli-Segment und der Intensivierung unserer Anstrengungen im Bereich der juristischen Portale. Ersterer Massnahme liegt die Überlegung zugrunde, dass ein Sachbuchverlag, der eher regionale, bernische Bücher fokussiert und dessen Titel zudem häufig via Sponsoren querfinanziert sein müssen, nur ein sehr beschränktes Wachstum wird aufweisen können, verzichtet er doch von vornherein auf einen grossen Teil seines potenziellen, nämlich deutschsprachigen Marktes. Hier werden wir künftig ansetzen, d.h. unter Beibehaltung des bisherigen Re-gionalia-Segments neu auch Titel für einen grösseren Markt verlegen, damit auch höhere Auflagen anpeilen, als Kehrseite aber auch einer grösseren Konkurrenz ausgesetzt sein, der wir nur durch Qualität bei günstigem Preis begegnen können. Das Gelingen dieses Spagats zeichnet heute den erfolgreichen Verlag aus.
Neue Kundenbedürfnisse im Buchhandel
In gleichem Masse gilt es für Buchstämpfli, sich auf sich verändernde Rahmenbedingungen, Stichwort Marktkonzentration im Buchhandel, und neue Kundenbedürfnisse, Stichwort Online-Bestellung, einzustellen. In diesem Zusammenhang gewinnen Grosskunden, die auf der Basis effizienten Kostenmanagements auch ihr Buchbestellwesen zunehmend auf einen oder wenige Buchhändler konzentrieren, für Letztere wachsende Bedeutung. Verlage wie Stämpfli, die zugleich einen überzeugenden Buchverkaufskanal zum Endkunden aufweisen, haben hier klare Vorteile gegen-über solchen, die überwiegend über Absatzmittler verkaufen. Diese werden sich, nach dem Wegfall der Preisbindung verstärkt, je länger je mehr mit kleineren Margen aufgrund der Einkaufsmacht der Grossbuchhändler, ob stationär oder online, begnügen müssen. Kombinierte Verlags-/Buchhändler hingegen können optimal auf die Wünsche ihrer (Gross-)Kunden eingehen und damit direkte Margenvorteile erzielen. Kommt hinzu, dass grössere Kunden nicht nur als Buchkäufer interessant sind, sondern auch für andere Dienstleis-tungen unseres Hauses, z.B. Publishing on Demand, die wir als Verlag und Buchhändler selbstverständlich mitanbieten. Überhaupt ist dieses vernetzte, über den Hag hinausschauende Denken für mich ein Schlüsselfaktor für den weiteren Erfolg der Stämpfli Gruppe, vereinigen wir doch unter einem Dach alle Kernkompetenzen, die es im Umfeld von Text, Bild und Gestaltung derselben, in welcher Medienform auch immer, braucht. Dass dabei der elektronischen immer grössere Bedeutung zukommen wird, auf die wir uns alle einstellen müssen, ist eine Binsenweisheit, die hier jedoch im Sinne eines «ceterum censeo» nicht weggelassen werden soll.
Ziele und Wünsche
Neben Zielen gibt es auch Wünsche für die Zukunft, und da steht an vorderster Stelle, dass wir offen sind für Neues, auch wenn wir wissen, dass nicht alles Neue wird einhalten können, was es anfänglich vielleicht versprach. Aber es kann nicht sein, dass sich die Welt um uns ändert, unser Arbeitsplatz aber stets derselbe bleibt. Und schliesslich wünsche ich mir, dass alle auf dem Verlagsfoto abgebildeten Kolleginnen und Kollegen auch im nächsten Jahr wieder auf dem Bild sein werden, wenn es dann heisst, «versuchen wir doch, für 2009 ein noch besseres Foto zu machen». Und last but not least, Ihnen allen gilt mein herzlicher Dank für die so wohlwollende Aufnahme und Akzeptanz in den letzten sechs Monaten.