Menschen und ihre prägendsten Erlebnisse

Was geht einem Mann durch den Kopf, der 23 Jahre unschuldig im Todestrakt sass und sein halbes Leben als Monster betitelt wurde? Wie denkt eine Frau über das Leben, nachdem sie eine Jahrhundertkatastrophe wie durch ein Wunder überlebt hat? Und könnte der Mann mit dem tätowierten Gesicht nicht auch Kindergärtner sein? Schicksale, Lebensgeschichten und Vorurteile. Wir werfen einen Blick hinter die Fassaden.

Vier Jahre ist es her, seit wir erstmals durch die Strassen New Yorks gezogen sind. In der Hand eine faltbare Fotowand, auf dem Rücken ein Kamerarucksack. Darin unsere Nikon D800, ein Ansteckmikrofon und ein Beschrieb unseres Projektes, dessen Ursprungsidee wir bereits vor acht Jahren für eine Berufsmaturitätsarbeit hatten. Dies war der Beginn unserer Reise – der bisher besten Schule unseres Lebens.


Zu den Personen

Sandra Schmid und Sandra Bühler sind Freunde, die seit mehr als zehn Jahren Idee um Idee zusammen verwirklichen. Beide sind gelernte Polygrafinnen, heute im Bereich Video tätig und nebenbei selbstständige Grafikerinnen.


Wir sprachen fremde Menschen an, auf der Strasse, auf dem Flohmarkt und in Cafés. Wir erzählten ihnen von unserem Vorhaben und fragten sie nach dem prägendsten Ereignis ihres Lebens. Die Emotionen nach den Erzählungen versuchten wir mit unserer Kamera festzuhalten. Wo wir uns gerade befanden, stellten wir unsere schwarze Fotowand auf, nutzten das vorhandene Tageslicht und fotografierten die verschiedensten Gesichter. Von Anfang an war klar: kein Schnickschnack, keine Umgebung, die ablenken oder Assoziationen wecken könnte. Echt, intim, aus dem Moment heraus.

Es folgten weitere Reisen: Nord-, Mittel- und Südamerika, Europa, Asien und Südafrika. Einheimische brachten uns an Orte, die wir ohne sie nicht hätten erreichen können. Wir trafen Menschen in ihrer Umgebung, weit ausserhalb unserer Komfortzone, und erfuhren, was es heisst, unter komplett anderen Umständen zu leben. Mithilfe von Organisationen kamen wir in Kontakt mit Zeitzeugen, deren Geschichten niemals in Vergessenheit geraten dürfen. Und wir lernten Träumer und Künstler kennen, Menschen, die uns von ihren Hoffnungen und Einsichten erzählten und von ihrer neu gewonnenen Freiheit berichteten. Immer wieder entwickelte sich innerhalb kurzer Zeit aus einer Begegnung mit Fremden eine enge Verbundenheit.

Wir führten rund achtzig Gespräche, die teilweise mehrere Stunden dauerten und tiefgründiger und emotionaler nicht hätten sein können. Gespräche, die uns neue Sichtweisen offenbarten, Verständnis schafften und uns aufzeigten, dass in der schnelllebigen Zeit etwas Wichtiges in Vergessenheit gerät: das Miteinanderreden. Denn wenn wir aufmerksam zuhören, erkennen wir, wie individuell und doch gleich wir alle sind. Egal, woher wir kommen und welche Geschichte wir mit uns tragen, am Ende sind wir alle Menschen wie du und ich.


Bibliografische Angaben

Sandra Bühler, Sandra Schmid: Menschen wie du und ich

Portätfotografien, 168 Seiten, leinengebunden, CHF 59.–, ISBN 978-3-7272-6007-0