Konrad Tobler – Kulturvermittler

Nach über 15 Jahren als Redaktor, davon sechs Jahre als Ressortleiter für den Kulturteil der Berner Zeitung, und kurz nachdem du Ende November von der kantonalen Kommission für allgemeine kulturelle Fragen den zum ersten Mal verliehenen Preis für Kulturvermittlung entgegennehmen durftest, hast du im Dezember 2006 den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?

Bisher nur positive. Ich erlebe viel Verständnis und Offenheit. Allerdings ist es etwas verwegen, nach einem Monat bereits eine Bilanz zu ziehen: Das Projekt Selbstständigkeit ist erst im Aufbau.

An welchen Projekten arbeitest du zurzeit?

Ich versuche, mein Netzwerk aufzubauen und zu aktivieren. Konkret arbeite ich an einem Buch über den Berner Künstler Daniel de Quervain, das Ende August erscheinen soll. Des Weiteren arbeite ich an Katalogbeiträgen für die nächste Ausstellung im Historischen Museum Bern, in der es um Berns Geschichte im 20. Jahrhundert geht. Auch ein Essay über den Maler, Radierer und Bildhauer Karl Stauffer-Bern beginnt sich zu konkretisieren.

Wo siehst du künftig den Schwerpunkt deiner Tätigkeit?

Ich werde weiterhin versuchen, vor allem Texte in den Bereichen bildende Kunst, Architektur und Fotografie schreiben zu können. Dabei suche ich den Kontakt zu Museen, Galerien und selbstverständlich auch zu Künstlerinnen und Künstlern. Sonst vertraue ich auf meine Neugierde.

Du hast unzählige Artikel und Beiträge für Ausstellungskataloge, Bücher und Zeitschriften im Bereich Kunst und Architektur verfasst, Begrüssungsreden an Vernissagen gehalten, Atelierbesuche und Führungen organisiert. Was reizt dich an der Vermittlung von Kunst und Kultur?

Brücken zu schlagen und das Verständnis, vielleicht sogar die Erkenntnis zu befördern. Kulturelle Produkte sprechen zwar für sich selbst. Aber sie sprechen öfter auch eine eigene Sprache, die der Übertragung bedarf. Meine Arbeit ist eine Art von Dolmetschen.

Was sind dabei die grössten Herausforderungen?

Mich reizt die Auseinandersetzung mit den Kunstwerken, den Gebäuden, den Ideen – und selbstverständlich sind die Gespräche, Diskussionen und Auseinandersetzungen mit kreativen Menschen spannend und bereichernd. Es ist mir ein Anliegen, den Blick zu öffnen und Kontexte, auch historische, zu erschliessen.

Wenn Kulturschaffende, Architekten oder Institutionen mit neuen Projekten an dich herantreten, worauf achtest du, damit du den Entscheid zur Mitarbeit fällen kannst? Was würdest du jemandem empfehlen, der seine Arbeit in Buchform herausgeben möchte?

Um zuerst gegen meine Interessen zu argumentieren: Nicht alles muss in Buchform gebracht werden. Es will wohl überlegt sein, ob eine Publikation sinnvoll und auch inhaltlich gerechtfertigt ist. Man sollte den unzähligen Publikationen nicht noch zusätzlich eine hinzufügen, die von niemandem angeschaut und gelesen wird. Deswegen ist es wichtig, dass eine mögliche Publikation aufgrund des vorhandenen Materials zuerst genau diskutiert wird. Erst wenn es sozusagen zu einer Publikation drängt, wird es auch sinnvoll, die ganze Sache zu realisieren, kann man Interesse wecken – und das Ganze auch finanzieren.

Vor kurzer Zeit sind in unserem Sachbuchverlag das Buch von Véronique Zussau und ein Werk von Jürg Straumann erschienen. In beiden Publikationen findet sich ein Text von dir – was war für dich der Reiz, bei diesen beiden Projekten mitzumachen?

Ich verfolge das Werk von Véronique Zussau und Jürg Straumann seit vielen Jahren. Deswegen ist es eine Herausforderung, deswegen macht es Spass, sich eingehender damit auseinanderzusetzen, die Gedanken zu bündeln und beim Schreiben allmählich weiterzuentwickeln.

Auch im Kunstbuchbereich stellt man eine gewisse Sättigung fest. Wie schätzt du die Entwicklung ein? Welche Publikationen haben eine Chance, wahrgenommen zu werden? Welche Anforderungen müssen sie erfüllen?

Ich bin überzeugt, dass es nicht altmodisch ist, wenn ich sage: Ich glaube an das gute Buch. Das

heisst: Es soll inhaltlich und formal gesättigt sein, gut konzipiert, gut geschrieben, gut gestaltet und gut verlegt. Und das heisst auch: Gerade weil es diese Sättigung gibt, muss sich eine Publikation aus sich selbst rechtfertigen. Aber ich denke auch, dass das Interesse nicht sinkt, weil gerade im Bereich von bildender Kunst, Architektur und Fotografie gesamtgesellschaftlich ein grosses Interesse vorhanden ist. Allerdings müsste man wohl daran denken, dass es auch wenig aufwendige, sozusagen schnelle, billige Produktionen geben sollte, wie das historisch vom Reclam-Verlag vorgespurt wurde.

Welches Projekt würdest du am liebsten realisieren?

Mir schwebt ein Buch vor, das zeigt, wie eng Kunst und Architektur miteinander in einer Wechselbeziehung stehen: Architektur als Skulptur, architektonische Strukturen auf Gemälden und Fotografien und in Installationen.