Ausbildungsstätte Stämpfli

Bei einer Betriebsbesichtigung der alten Garde der Gewerkschaft Comedia «outete» sich einer der Teilnehmer als einstiger Lehrling bei Stämpfli. Er wusste offenbar noch einiges aus seiner Lehrzeit zu erzählen und machte damit auf die lange Tradition aufmerksam, die Stämpfli als Ausbildungsstätte hat.

Im Firmenarchiv finden sich Hefte, auf deren Seiten im Zeitraum von 1879 bis 1920 jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin fein säuberlich eingetragen ist, und zwar mit Namen und Vornamen, Heimatort, Wohnort, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung, den Daten von Ein- und Austritt, evtl. jenem des Todes sowie Bemerkungen vor allem über die Gründe des Austrittes. Speziell vermerkt sind darin die Lehrlinge. Das erlaubt die Feststellung, dass in jener Periode von rund 40 Jahren ebenso viele Schriftsetzer ihre Lehre abgeschlossen haben, pro Jahr also einer. Hinzu kamen 17 Maschinenmeister, wie die Drucker damals genannt wurden. 1899 findet sich ein Galvanoplastikerlehrling, und 1910 ist erstmals ein Buchbinderlehrling erwähnt, dem bis 1920 noch zwei folgten. Klara Schneider ist 1919 offensichtlich als erste Bürolehrtochter bei Stämpfli eingetreten.

Man kann davon ausgehen, dass alle diese Lehrverhältnisse vertraglich geregelt waren, nachdem 1886 der Schweizerische Buchdruckerverein und die Gewerkschaft Typografia eine Übereinkunft über die Ausbildung von Lehrlingen abgeschlossen hatten und 1910 der Schweizerische Kaufmännische Verein mit dem Vorort (Präsidialbehörde) des Schweizerischen Handels- und Industrievereins dasselbe tat. Den insgesamt 60 erfolgreichen Lehrverhältnissen standen 15 abgebrochene gegenüber: «durchgebrannt nach Argentinien», «eignet sich nicht als Schriftsetzer», «wird Spengler», «fortgejagt wegen Blaumachens», «zu schwach», «aus der Lehre entlaufen», «kränklich, wird Coiffeur», «beschränkt», «Faulheit und Gleichgültigkeit», «weggeblieben, Lausbub» sind einige der Begründungen.

Neben diesen eigentlichen Berufsausbildungen gab es auch Anlehren: Massenhaft sind Falzerin-Lehrtöchter erwähnt sowie etliche Einleger bzw. Einlegerinnen, welche den Druckmaschinen die Papierbogen von Hand zuführten.

Stetige Zunahme der Lehrstellen

Eine Lohnliste der Jahre 1929–1933 weist elf Setzer-, neun Drucker- und einen Stereotypeurlehrling aus, pro Jahr insgesamt etwa vier. Auch für die Jahre 1948–1960 gibt es eine Lohnliste, aus der die Lehrlinge allerdings nicht ganz einfach herauszulesen sind. In diesem Zeitraum sind 37 Setzer-, 24 Drucker-, vier Buchbinder- und drei Stereotypeurlehrlinge auszumachen, d.h. pro Jahr gut fünf. Die erwähnten Listen beschränken sich auf das Betriebspersonal. Wahrscheinlich gab es in dieser Zeit auch KV-Lehrpersonal, obwohl Käthi Gerber-Ritter, die ihre Ausbildungszeit 1960 begann, in einem Rückblick schreibt: «Seit längerer Zeit war ich wieder die erste kaufmännische Lehrtochter …»

Die Zahl der Lehrverhältnisse seit 1964 lässt sich anhand der Hauszeitschrift «Marginalie» einigermassen rekonstruieren. Die Gruppe Polygraf/Typograf/Schriftsetzer führt die Tabelle mit rund 150 an. 1973 hat übrigens mit Elsbeth Loosli die erste Frau die Lehre als Schriftsetzerin abgeschlossen. An zweiter Stelle stehen die KV-Absolventen mit gut 70, gefolgt von den Drucktechnologen/Druckern/Maschinenmeistern mit etwas mehr als 40. 1978 hat neben zwei Offsetdruckern der letzte Buchdrucker die Lehre beendet; von da an wurden nur noch Offsetdrucker ausgebildet. Mit rund 25 Frauen und Männern sind die Printmedienverarbeiter/Buchbinder vertreten. Einem vergangenen Beruf gehören die zwei Galvanoplastiker/Stereotypeure an, von denen einer, Hans Haldi, noch immer in unserem Betrieb arbeitet, allerdings in ganz anderer Funktion. 2003 hat Damian Bürki als erster Informatiker seine Lehre abgeschlossen; nach ihm haben weitere vier diese Ausbildung angetreten. Schliesslich sind noch vier Logistiker zu vermerken. Alles in allem kommt man vorsichtig berechnet für die letzten 47 Jahre auf eine Zahl von über 300 ausgebildeten Berufsleuten, auf ein Jahr gerechnet also gegen sieben.