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Wann ist Design gut?

Design ist längst nicht mehr nur ein Mittel, um Dinge zu verschönern. Es stiftet Sinn und schafft Mehrwert – ökologisch, ökonomisch und sozial. Ob Medizin, Industrie, Wissenschaft oder Privatleben: Design hat in allen Bereichen seinen festen Platz. Aber was macht Design gut?

Das berühmte «Tin Can Radio» von Victor Papanek, das er für die UNESCO gestaltete. Eine Blechdose mit einem Transistor, betrieben mit Paraffin und einem Docht.

«Es gibt Berufe, die mehr Schaden anrichten als der des Industriedesigners, aber viele sind es nicht. Verlogener ist wahrscheinlich nur noch ein Beruf: Werbung zu machen, die Menschen davon zu überzeugen, dass sie Dinge kaufen müssen, die sie nicht brauchen, mit Geld, das sie nicht haben, damit sie andere beeindrucken, denen das egal ist – das ist vermutlich der schlimmste Beruf, den es heute gibt.»

Victor Papanek, 1923–1998, in «Design for the Real World»

Design kann vieles bewegen. Davon war auch Victor Papanek überzeugt. Der 1923 in Wien geborene Designer und Designphilosoph machte sich für ein sozial und ökologisch nachhaltiges Design von Produkten, Werkzeugen und infrastrukturellen Einrichtungen stark. Sein 1971 erschienenes Buch «Design for the Real World» zählt zu den bedeutendsten Werken im Bereich der Gestaltung. Auch wenn er mit seinem provokativen Stil nicht nur Freunde sammelte, traf er mit seinen kultur- und konsumkritischen Aussagen den Nerv der Zeit. Seine Thesen zur Nachhaltigkeit von Design sind noch immer brandaktuell und gewinnen vor der aktuellen Diskussion um Klima und Umwelt zunehmend an Bedeutung. In diesem Kontext ist auch seine Aussage zum Beruf des Designers zu lesen. Selbst wenn sie in erster Linie auf Produkt- und Industriedesignerinnen sowie auf die Architekturbranche zielt: Auch für die Kommunikationsbranche stellt sich die Frage, wie es möglich ist, Design sinnstiftend einzusetzen.

 

Gutes Design ist menschenzentriert

Kommunikation ist der Austausch von Informationen. Bei ihrem Design geht es in erster Linie darum, die Empfängerinnen und Empfänger zu verstehen, an die sich das Design richtet. Denn dieses Verständnis schafft die Grundlage dafür, dass es nicht nur ansprechend wirkt, sondern auch Mehrwert schafft. Für Unternehmen wie für uns als Agentur ist es deshalb unabdingbar, sich strategisch auf den Menschen auszurichten. Jede Aufgabe, der sich Designer und Designerinnen widmen, sollte daher dieser Strategie folgen. Viele Unternehmen aber gestalten ihre Kommunikation immer noch von der Lösung her. Statt sich der wichtigen Frage zu stellen, was ihre Zielgruppen wirklich bewegt und was sie benötigen, wünschen sie sich einen neuen Auftritt für ihre Marke, eine neue Website, eine aufmerksamkeitsstarke Kampagne oder eine neue App. Damit folgen sie zwar kurzfristigen Trends. Das eigentliche Potenzial, das den Unterschied zwischen ihrem und anderen Unternehmen greifbar macht, bleibt jedoch ungenutzt.

«Im Zeitalter der Massenproduktion, wo alles Planung und Gestaltung erfordert, ist das Design zum wichtigsten Instrument des Menschen geworden, mit dem er seine Werkzeuge und die Umwelt (im weiteren Sinne auch die Gesellschaft und sich selbst) gestaltet. Das erfordert vom Designer ein hohes Mass an sozialer und moralischer Verantwortung. Es verlangt auch ein besseres Verständnis des Menschen auf Seiten der Designer und mehr Einblick in den Gestaltungsprozess für die Öffentlichkeit.»

Victor Papanek, 1923–1998, in «Design for the Real World»

Gutes Design ist empathisch

Empathie, ein wichtiger Erfolgsfaktor in der Kommunikation. Der Designprozess beginnt bei uns schon bei der Beratung. Um die volle Wirkung des Unternehmens oder der Marke zu entfalten. Unser Auftrag als Designerinnen und Designer ist es, die Ursachen1 der Aufgabe zu analysieren. Das heisst, sich intensiv mit den Zielgruppen auseinanderzusetzen, mehr über ihre Lebensbedingungen, ihre Wünsche und ihre Bedürfnisse zu erfahren und Empathie für sie zu entwickeln. Nicht in einem geradlinigen Prozess, der mit einem Ergebnis abschliesst, sondern in einem Kreislauf, der sich immer wieder neu ausrichtet, um ihre Bedürfnisse nicht aus den Augen zu verlieren. 

Gutes Design ist integrativ

Integratives Design schaut über den Tellerrand der Ästhetik hinaus, indem es unterschiedliche wissenschaftliche, technische und künstlerische Disziplinen verknüpft. Es bewertet Daten, Fakten und Trends und setzt sie in den Kontext des Unternehmens. Für diese Aufgabe arbeiten wir von Beginn an in interdisziplinären Teams. Auch Endverbraucher und Herstellerinnen binden wir in diesen Prozess mit ein. Gutes Design braucht Schnittstellen und den Austausch mit unterschiedlichen Disziplinen. Gespräche, Diskussionen über das Produkt oder verschiedene Herangehensweisen, Wissenstransfer – Entwickeln, Testen, Weiterentwickeln. All das fördert neue Einsichten und ermöglicht, dass neue, differenzierende Lösungen entstehen. Lösungen, die ihren Zweck erfüllen und eine Identifikation mit dem Unternehmen oder der Marke ermöglichen.

«Die Designer sind in jede Form von Umweltverschmutzung zumindest teilweise involviert. Meine Ansichten in diesem Buch sind aber nicht so pessimistisch: Ich finde, dass wir darüber hinausgehen müssen und nicht aufhören zu arbeiten, sondern etwas Positives tun. Design kann und muss eine Möglichkeit werden, in der junge Menschen an der Veränderung der Gesellschaft mitarbeiten.»

Victor Papanek, 1923–1998, in «Design for the Real World»

Gutes Design ist nachhaltig

Papanek setzte sich dafür ein, dass Design allen den Alltag erleichtert, ohne die Umwelt zu schädigen – unabhängig vom sozialen Stand. Aber Design kann nur so umweltverträglich sein, wie die Haltung des Unternehmens, das es beauftragt. Voraussetzung für gutes Design ist also, dass Auftraggeberinnen und Auftragnehmer in Bezug auf ökologische, soziale und ökonomische Verantwortung eine Haltung teilen. Unsere Aufgabe und Mitverantwortung als Designerinnen und Designer ist es daher, innovative Lösungen anzustreben, die die Ressourcen schonen, energiesparend hergestellt werden können und mehrfach und lange nutzbar sind. Besonders vor dem Hintergrund, dass wertschätzendes und nachhaltiges Denken und Handeln wichtige Fundamente von Stämpfli Kommunikation sind.

Gutes Design stiftet Sinn

Design befähigt, macht Spass und bringt weiter: die Designerin, das Unternehmen und den Endverbraucher. Um dies jedoch leisten zu können, muss es sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen und Zukunftsfragen auseinandersetzen. Es muss Verbindungen schaffen und Strukturen verknüpfen. Das erfordert agile Denkstrukturen und die Möglichkeit zur Entfaltung der eigenen Kreativität. Freies Denken, Offenheit, Konfliktbereitschaft und eine prozessorientierte Fehlerkultur ebnen den Weg dorthin. Design ist immer eine momentane Lösung. Gutes Design beruht auf der Bereitschaft anzuerkennen, dass neue Erfahrungen auch neue Lösungen mit sich bringen können. Deshalb erfordert es Prozesse, um sich Neuem fortwährend zu öffnen und nichts von vornherein als gegeben hinzunehmen. Bedingungen, die Stämpfli Kommunikation mehr als erfüllt. Denn wir sind nicht nur ein Haus von 310 Spezialistinnen und Spezialisten. Wir sind auch eine Gemeinschaft, die sich fortwährend hinterfragt und weiterentwickelt. Und das seit nunmehr 222 Jahren. Unser neuer Auftritt stellt dies eindeutig unter Beweis: Kommunikation auf Augenhöhe – von Mensch zu Mensch.

Victor Papanek: Design for the Real World: Human Ecology and Social Change. Pantheon Books, New York 1971, ISBN 0-394-47036-2.

«Überall zählt offenbar das äussere Erscheinungsbild mehr als der Inhalt.»

Victor Papanek, 1923–1998, in «Design for the Real World»

«Designer haben Teil an der Macht zur Veränderung, zur Beseitigung von alten Mustern und zur Gestaltung völlig neuer Muster.»

Victor Papanek, 1923–1998, in «Design for the Real World»

 1 die Basis ((oder den Ursprung))((Vorschlag))