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«Ein Fundament, auf dem man stehen kann»

Eigentlich hat es die Stämpfli Unternehmenskultur schon immer gegeben, nur bezeichnete man sie anders. Ganz zu schweigen davon, dass sie lange schriftlich nicht festgehalten war. Ein Gespräch mit Peter Stämpfli, Verwaltungsratspräsident der Stämpfli AG.

Peter Stämpfli, Sie und Ihr Bruder haben die Stämpfli AG 1988 übernommen. Welche Aspekte der Unternehmenskultur waren in den 1980er-Jahren besonders wichtig?

Von Beginn weg war die Aussage «Arbeitsort ist Lebensort» für meinen Bruder Rudolf und mich wichtig. Die gesamtheitliche Sicht auf unsere Mitarbeitenden stand schon 1988 im Zentrum, schliesslich haben wir diese Haltung quasi mit der Muttermilch aufgenommen. Zwar hatten mein Vater und mein Onkel den Begriff Unternehmenskultur als solchen nicht verwendet, der Respekt gegenüber Mitarbeitenden war aber eine Selbstverständlichkeit für beide. Ich weiss noch, wie ich als Kind einmal sagte: «Das sind nur Hilfsarbeiter.» Eine Aussage, die meinen ansonsten ausgeglichenen Vater rot anlaufen liess. Mit dieser Haltung, die uns mitgegeben wurde, hat sozusagen unsere Unternehmenskultur angefangen.

Was hat sich seither verändert?

1988 war unsere Unternehmenskultur noch nicht schriftlich festgehalten. Viele Werte waren jedoch damals schon von grosser Bedeutung, nur war der Begriff noch nicht geläufig. Mein Bruder und ich haben die Nähe zu den Mitarbeitenden stärker gesucht als unsere Vorfahren. Und wir haben die Unternehmenskultur als strategische Säule festgehalten. Das ist über die Jahre schrittweise gewachsen. Ursprünglich nannten wir es Richtlinien für die Personalpolitik. Bereits 1992 haben wir das Stämpfli Leitbild verabschiedet. Abgesehen von diversen sprachlichen Überarbeitungen im Laufe der Zeit hat sich seither nichts daran geändert.

Warum ist die Unternehmenskultur so wichtig?

Sie verleiht einem Unternehmen Stabilität. Wir leben in einer schnelllebigen, hektischen Zeit, weshalb es umso wichtiger ist, ein für alle verlässliches Fundament zu haben.

Inwiefern unterscheidet sich ein Familienunternehmen von anderen Unternehmen in Bezug auf die Unternehmenskultur?

Familienunternehmen werden in der Regel von einer oder mehreren Personen über lange Zeit geführt. Das ist ein wichtiger Vorteil. Sofern das Unternehmen zukunftsgerichtet geführt wird, bleiben die Werte erhalten. Mein Bruder und ich sind heute diejenigen, die wir gestern bereits waren und auch morgen noch sein werden. Die Gefahr einer fundamentalen Kursänderung nach einer Neubesetzung im Management ist bei uns nicht vorhanden, im Gegensatz zu manch anderem Unternehmen.

Die Stämpfli AG vereint fünf Leistungsgebiete und damit teilweise komplett verschiedene Arbeitsprozesse. Ist eine übergreifende Unternehmenskultur überhaupt möglich?

Auf jeden Fall. Werte wie Vertrauen, Respekt und Wertschätzung sind unabhängig vom Beruf. Unsere Unternehmenskultur ist die zusammenfassende Klammer für unsere verschiedenen Leistungsgebiete, überhaupt für alle Menschen im Unternehmen. 

Welche Aspekte der Unternehmenskultur werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen?

Laut Aussagen unserer Mitarbeitenden sind Fragen nach dem Sinn der Arbeit, nach der eigenen Person und ihrem Verhältnis zur Arbeit zentrale Themen. Solche Fragen waren schon immer von Bedeutung, doch wurden und werden sie in vielen Unternehmen nicht beachtet. Doch genau sie gilt es heute und in Zukunft ernst zu nehmen und durch Organisationsanpassung umzusetzen. Für die Zukunft wünsche ich mir ein Unternehmen, das als Netzwerkorganisation funktioniert, in dem Führungskräfte immer seltener lenkend eingreifen müssen. Eine Organisation also, in der alle von selbst mitwirken und mitbestimmen können, und das bis hin zu strategischen Themen. Ich bin der Meinung, dass heute die wenigsten abrufen, was sie an Fähigkeiten mitbringen.