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Dr. Trallalla bringt ein Lächeln

Seit 13 Jahren besucht Regula Stucki als Dr. Trallalla jede Woche kranke Kinder in Spitälern. Ich habe mich mit ihr über ihre Tätigkeit als Traumdoktorin und über ihr Verständnis von Humor unterhalten können. Und für mich war dieser Humor auch ohne Clownnase spürbar.

Nein, Schenkelklopfen und Grölen ist nicht ihr Ding. Der Humor, für den sie steht, zeigt sich vielmehr in einem inneren Lächeln. Er steckt in einem Lachen, das auch in traurigen Momenten seinen Platz hat, ja gerade dann hilfreich und willkommen sein kann. Er hilft mit, schwierige Situationen zu entspannen, bringt einen Moment des Vergessens, der Erleichterung.

Regula Stucki hat schon viel unternommen in ihrem Leben. Neben kaufmännischer Ausbildung und journalistischer Tätigkeit war der künstlerische Ausdruck immer wichtig – in verschiedenen Bereichen. Vieles hat sie ausprobiert, und nie war es genau das Richtige. Als sie dann vor rund 20 Jahren einen Bericht über die Tätigkeit von Spitalclowns sah, wusste sie: Das ist es, das will ich machen. Sie durchlief die Ausbildung zum Clown, zur Bewegungsschauspielerin, wie es korrekt heisst. Mit verschiedensten Auftritten verdiente sie ihre Sporen ab. Und dann, genau zum richtigen Zeitpunkt, suchte die Stiftung Theodora neue «Traumdoktoren», wie die Stiftung ihre Spitalclowns nennt. Eine begehrte Arbeit für freischaffende Künstler. Sie wurde ausgewählt und hat als Dr. Trallalla seither schon Tausende von Kindern ihre Situation für einen Moment vergessen lassen.

Auch wenn Regula Stucki nicht immer ums Lachen zumute ist: Wenn sie sich in der Garderobe umzieht, leicht schminkt und die rote Nase aufsetzt, lässt sie Regula mit ihren Alltagssorgen hinter sich und holt Dr. Trallalla hervor. Dabei nimmt sie nicht etwa eine fremde Persönlichkeit an, sondern eine Art anderes Ich tritt in den Vordergrund. Dieses Ich begegnet als Clown den Kindern und dem Spitalumgebung mit Leichtigkeit und Staunen und ist vorbehaltlos offen für das, was sich aus dem Moment ergibt.

Das Überraschungsmoment

Ein Clown stellt im Spitalumfeld einen Fremdkörper dar. Dadurch hat Dr. Trallalla bei ihren Besuchen immer schon das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Sie erhält vor ihrem Besuch Hinweise auf den Zustand der einzelnen Kinder, geht dann aber spontan auf jeden kleinen Patienten zu und handelt intuitiv aus der Situation heraus. Da gilt es, das Tragische, Belastende hinter sich zu lassen, damit auch die Kinder für einen Moment dem Patientsein entfliehen können.

Das kann mit einem Wortspiel sein, mit einem Lied, mit einer kleinen Bastelei oder mit tausend anderen kleinen Dingen. Was im Einzelfall passt, wie sie auf das einzelne Kind zugeht, entscheidet Dr. Trallalla intuitiv, das ergibt sich aus der Situation, aus der ersten Reaktion des Kindes. Auf die eine oder andere Art gelingt es ihr eigentlich immer, das Kind abzuholen. Einzig neben elektronischen Geräten hat sie gelegentlich einen schweren Stand. Aber wenn halt das Game im Moment wichtiger ist, dann sind da ja noch andere Kinder, die sich freuen, wenn sie kommt.

Wer ist der Dümmste?

Kinder im Spital sollten sich im Idealfall verhalten wie Erwachsene. Sie sollen vernünftig und tapfer sein und verstehen, dass dies oder jenes sein muss, auch wenn es schmerzt. Sie sind der ganzen Maschinerie ausgeliefert und stehen gewissermassen am unteren Ende der Spitalhierarchie; alle anderen, Ärzte, Schwestern, Eltern, wissen alles besser und wissen, was für sie gut ist. In diese Situation hinein platzt Dr. Trallalla, die sich nicht um Hierarchien kümmert, die nichts weiss und manchmal einfach dumm handelt. Sie verdreht Worte, weiss nicht, wie man eine Tür öffnet, stolpert über ihre eigenen Füsse … Für ein paar Minuten wird die Hierarchie auf den Kopf gestellt, und die Kinder sind für einmal die «Gescheiten», die Traumdiktorin, die den Clowns spielt, die Dumme.

Auch für die Eltern

Die Ablenkung, das Lachen, das befreiend wirkt, hilft dabei nicht nur den Kindern, sondern auch den Eltern, die mit ihren Kindern mitleiden und sich dabei oft genauso hilflos fühlen. Als Vater oder Mutter eines kranken Kindes spürt man ja auch einen gewissen Druck, sein Kind dazu zu bringen, mitzumachen, sich den Behandlungen nicht zu verweigern. Dr. Trallalla stellt keine Ansprüche, weder an die Kinder noch an die Eltern. Sie ist einfach da und nimmt mit ihren Spässen für ein paar Minuten den Druck von der angespannten Situation.

Als Dr. Trallalla kann Regula Stucki den Kindern und den Eltern so viel geben – und dennoch fühlt sie sich nach den Besuchen, wenn sie wieder in der Garderobe steht, müde, aber zufrieden und erfüllt. Mit einem Leuchten in den Augen blickt sie in den Spiegel, um sich abzuschminken. Bei den Besuchen erhält sie selbst mindestens so viel, wie sie gegeben hat.

In ihrem eigenen Atelier findet Regula Stucki den Ausgleich zur eher extrovertierten Tätigkeit als Spitalclown. Hier kommt ihre introvertierte Seite zum Zuge, hier kann sie ganz für sich arbeiten, kreativ sein, sich entfalten. Sie arbeitet viel mit Collagen, das ist ihre Art, Gedanken und Gefühle auszudrücken. Mehr zu dieser Tätigkeit von Regula Stucki ist zu finden unter www.regulastucki.ch .

Stiftung Theodora

Die Stiftung Theodora verfolgt seit 1993 das Ziel, den Alltag von Kindern im Spital und in spezialisierten Institutionen mit Freude und Lachen aufzuheitern. Jährlich schenken die Traumdoktoren auf Tausenden Kinderbesuchen Lachen und Momente des Glücks.

Die als gemeinnützig anerkannte Stiftung ersucht um keinerlei staatliche Subventionen. Die Finanzierung der wöchentlichen Künstlerbesuche beruht vollständig auf der Unterstützung von Spendern und Partnern. www.theodora.org PC 10-61645-5