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Auf den Spuren des Mönchs

Seit bald 60 Jahren ziert ein besonderes Signet alle Publikationen des Stämpfli Verlages. Obwohl es jeder kennt, ist nur wenig darüber bekannt. Versuch einer Chronik.

Wer sich mit der Beflissenheit eines Chronisten auf den Pfad der Stämpfli Geschichte begibt, der stösst unweigerlich auf ein Piktogramm mit beinahe sakraler Ausstrahlungskraft. Wer sich mit einem Zettel voller Fragen darüber in den Stämpfli Verlag begibt, der trifft auf demütige Gesichter. «Der Mönch ist heilig», wird einem da zugeflüstert. Diese Geschichte handelt vom hauseigenen Signet, dem sogenannten Stämpfli Mönch.

Im Umbruch

Wir schreiben das Jahr 1953. Samuel und Jakob Stämpfli, Vater und Onkel von Rudolf und Peter Stämpfli, übernehmen in diesem Jahr die Verantwortung für das Unternehmen. Während Samuel Stämpfli als Leiter der Druckerei in die Fussstapfen seines Vaters Rudolf tritt, zeichnet sein jüngerer Bruder Jakob für den Verlag verantwortlich. Von diesem Jahr an wird der juristische Verlag ausgebaut, und in dieser Zeit der Umstrukturierung erscheint auch der Stämpfli Mönch erstmals auf einem Buchumschlag.

Mönch als Schreiber

«Zunächst einmal ist es kein Mönch», hält Rudolf Stämpfli fest, «es ist ein Schreiber.» Bei näherer Betrachtung des Signets bleibt dem Chronisten nichts anderes übrig, als diese plausible Tatsache mit eifrigem Nicken zu quittieren. Im Frühmittelalter nämlich gehörten Schreiber zumeist der geistlichen Oberschicht an. In erster Linie waren es Klöster, die sich der Schreibkunst widmeten. Die Mönche verfassten Texte, kopierten vor allem aber bestehende Werke und trugen so wesentlich dazu bei, das Wissen der damaligen Zeit festzuhalten und zu verbreiten. Viele Mönche wurden an die Höfe berufen, um als Schreiber von Landesherren tätig zu sein. Ein Indiz also für die zwar einleuchtende, jedoch nur zum Teil korrekte Bezeichnung «Stämpfli Mönch».

Beständiges Signet

Jakob Stämpfli erteilte 1955 dem Berner Grafiker Werner Mühlemann den Auftrag, ein für den Verlag identitätsstiftendes Signet zu entwickeln. Bis dahin war, gleich wie in der Druckerei, der Familienname verwendet worden, gelegentlich ergänzt durch einen Vogel Greif, der das Familienwappen im Schnabel trug. Mühlemann schuf damit ein Wahrzeichen, das bis heute seinen festen Platz im Auftritt des Verlags hat. Für viele Benutzer der Stämpfli Bücher ist der Mönch ein altvertrautes Merkmal, das die Verbindung zur hohen Qualität unserer juristischen Literatur schafft.

Fragen über Fragen

An Heiligkeit eingebüsst hat der Mönch bis heute nichts, was nicht bedeutet, dass er nicht auch mal von Ungläubigen in den eigenen Reihen hinterfragt wurde. Denn böse Geister, so besagt die Geschichte, wollten irgendwann Ende der 1980er-Jahre dem Mönch an den Kragen und ihn von den Buchdeckeln verbannen. Seine gute Verwurzelung bei den Lesern und sein hoher Bekanntheitsgrad, der durch eine Marktbefragung festgestellt wurde, retteten seine Existenz. Immerhin musste sich der Mönch an eine neue Sitzposi-tion gewöhnen: Ursprünglich blickte der Stämpfli Mönch nämlich immer in den Bund des Buches, also nach links. Im Jahr 1966 lässt sich ein Wechsel nach rechts konstatieren: Er sollte von da an vorwärtsschauen.Die Liste an Fragen wird länger, und vor den Augen des immer ehrfürchtigeren Chronisten stapeln sich die Bücher ins schier Unendliche. Eine Schlussfolgerung kann immerhin gezogen werden: Der Stämpfli Mönch wurde nie wieder infrage gestellt.